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Oft liegt’s am Hirn, wenn die Beine nicht mehr so richtig wollen

Neue Ansätze für die Therapie der Altersneurologie

Haben alte Menschen Probleme beim Gehen, heisst es oft: „Besorg’ dir doch mal einen Termin beim Orthopäden!“ Doch der Orthopäde ist dann nicht immer der richtige Ansprechpartner. Unsicheres Gehen kann etwa auch Folge einer neurologischen Erkrankung sein, bei der zum Beispiel Gefäße und Gewebe im Gehirn Schaden nehmen.

Ein Beispiel sind Durchblutungsstörungen im Gehirn. So können Arterien zunehmend verkalken, und wichtige Gehirnregionen werden nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt. Als Folge kommt es zu Ausfällen von Funktionen, die von den betroffenen Hirnarealen gesteuert werden, wie eben das Gehen. Fachleute bezeichnen diese Erkrankung als Subkortikale Arteriosklerotische Enzephalopathie, kurz SAE. Typisch für diese Patienten ist, dass die Probleme beim Gehen gleichzeitig mit psychischen Veränderungen und Störungen beim Wasserlassen auftreten. Werde der Zusammenhang rechtzeitig erkannt, könne zumindest das Fortschreiten der Erkrankung gehemmt werden, sagt Professor Johannes Jörg.

Entscheidend für eine bessere Durchblutung des Gehirns ist dann in erster Linie der Blutdruck. Die früher verbreitete Auffassung, gerade für eine gute Hirnleistung benötigten alte Leute ihren so genannten „Altershochdruck“, gilt längst nicht mehr! Auch im Alter sollte der Blutdruck unter 140/90 mmHg liegen, bei Diabetikern oder etwa bei Störungen des Fettstoffwechsels noch darunter. „Das ist vielleicht zunächst unbequem für den Patienten. Aber wir Ärzte müssen ihm das beibringen, denn der gut eingestellte Blutdruck ist das A und O!“

Eine schlechte Hirn-Durchblutung kann aber auch eine andere Ursache haben, nämlich einen erhöhten Hirndruck, der die Gefäße verengt oder gar abdrückt. Diese Patienten haben zu viel Gehirnwasser (Liquor), es wird nicht mehr richtig resorbiert. Sammelt sich zu viel Liquor an, erhöht sich der Druck im Schädel und bestimmte Nervenbahnen werden schlechter mit Blut versorgt. Typisch bei diesen Patienten sind intermittierende Gangstörungen: Mal klappt es mit dem Gehen besser, mal eher schlechter. Das Ablassen von etwas Gehirnwasser (Liquorpunktion) bringt Entlastung – plötzlich können die Betroffenen wieder besser laufen.

Durch CT- oder MRT-Diagnose der Fehlinterpretation vorbeugen

Liegen den Gehstörungen dagegen Schmerzen in der Muskulatur zu Grunde – manchmal kommt ein unzureichendes Wärmeempfinden an den Beinen dazu, etwa beim Duschen mit kaltem und heißem Wasser –, könnte eine Vorwölbung der Bandscheibe im Bereich der Halswirbelsäule dahinter stecken, so Jörg weiter. Manche dieser Patienten fallen dadurch auf, dass sie das Bein nachziehen, was häufig als abgelaufener Schlaganfall oder beginnende Parkinson-Krankheit missinterpretiert wird. Ein Blick auf die Halswirbelsäule per Röntgen, Computertomografie und/ oder Magnetresonanztomografie offenbart die wahre Ursache der Beschwerden.

Abgenutzte Halswirbelkörper mit Bandscheibenschäden sind bei alten Menschen häufig. Mit zusätzlichen elektrophysiologischen Methoden lässt sich dann ermitteln, welche Wirbelsäulen-Etage am meisten geschädigt ist. Mit dieser Information kann gegebenenfalls der Neurochirurg die degenerierte Bandscheibe durch eine Bandscheibenprothese aus Metall und Polyethylen ersetzen. Das vermindert Schmerzen, verbessert die Halsbeweglichkeit, und die Nervenbahnen können ihre Signale wieder ungehindert über den ehemaligen „Engpass“ am Hals transportieren.

Bekanntlich ist auch der Morbus Parkinson (Schüttellähmung) eine Erkrankung, die mit Gehstörungen einhergeht. Mit neuen nuklearmedizinischen Methoden könne heute der echte Morbus Parkinson sicher von anderen Erkrankungen unterschieden werden, die ähnliche Symptome wie beispielsweise das Händezittern verursachen. Bei der SPECT-Untersuchung (Single-Photon-Emissions-Computertomografie) zum Beispiel wird eine leicht radioaktive Substanz injiziert, die sich in bestimmten Nervenzellen anreichert. Kommt es nicht zur Anreicherung, liegt mit 99-prozentiger Sicherheit ein echter Morbus Parkinson vor. „Patienten wollen oft wissen: Habe ich den richtigen Parkinson oder ein Parkinson-Syndrom?“, sagt Jörg.

Symptome der Parkinson-Krankheit treten überwiegend erstmals zwischen dem 55. und 65. Lebensjahr auf. Frühsymptome werden oft fehlinterpretiert. Die Früherkennung und die rechtzeitige Therapie sind jedoch wichtig, auch deshalb, weil Zellen des Zentralnervensystems, die beim Morbus Parkinson zu Grunde gehen, vom Körper selbst nicht ersetzt werden können.

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