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Übergewicht
Adipositas: Erblich, hormonell bedingt oder selbstverschuldet?
Ursachen des Übergewichts immer von Experten abklären lassen
Fettleibigkeit, auch Adipositas genannt, ist ein weltweites Gesundheitsproblem.
Allein in Deutschland ist ein Viertel der Bevölkerung krankhaft übergewichtig. Mit der
chronischen Erkrankung gehen verschiedene gesundheitliche Risiken einher wie
Diabetes, Herzerkrankungen, Schlaganfall oder Krebs. Mediziner forschen intensiv
an den Ursachen der Fettleibigkeit und betonen, dass gesundes Gewicht keine reine
Ernährungsfrage ist.
„In den wenigsten Fällen ist eine medizinische Störung die Ursache der
Fettleibigkeit“, sagt Prim. Professor Dr. Günter Höfle, Leiter der Abteilung Innere
Medizin am Landeskrankenhaus Hohenems und Tagungspräsident und Präsident
der Österreichischen Gesellschaft für Endokrinologie und Stoffwechsel (ÖGES). „Die
Menschen nehmen einfach viel mehr Kalorien zu sich, als sie verbrauchen“.
Dennoch seien gesunde Ernährung und Sport nicht das Allheilmittel für jeden
Patienten. „Es gibt Faktoren, die der Patient durch sein Verhalten nicht beeinflussen
kann und wir Hormonexperten sollten immer auch andere Ursachen in den Blick
nehmen.“ So können zum Beispiel bestimmte Medikamente auf das Gewicht wirken,
aber auch Alter, Geburtsgewicht, soziales Umfeld und Gene spielten eine Rolle.
Die Vererbbarkeit von Fettleibigkeit ist hoch. „Wir kennen mindestens 50 genetische
Variationen, die das Körpergewicht beeinflussen“, weiß Professor Höfle.
Zwillingsstudien haben hier wertvolle Erkenntnisse geliefert. Adoptierte Zwillinge, die
getrennt voneinander aufwuchsen, ähnelten in Bezug auf den Body Mass Index
(BMI) eher den biologischen Eltern und nicht den Adoptiveltern.
Die Gene bestimmen auch, wie viel Energie der Körper im Ruhezustand verbraucht,
wie viele Kalorien einer Mahlzeit er in Wärme umsetzt und wie groß sein
Bewegungsdrang ist.
„Die Mechanismen, die Adipositas steuern, aufzudecken, ist Aufgabe des Arztes“,
sagt Professor Dr. med. Günter Stalla, DGE-Tagungspräsident und Leiter der
Inneren Medizin, Endokrinologie und Klinischen Chemie, Neuroendokrinologische
Ambulanz und Andrologie am Max-Planck-Institut für Psychiatrie, München. Erst
wenn das Ursachenbündel bekannt ist, können Arzt und Patient gemeinsam über
eine Ernährungsumstellung, angemessene körperliche Aktivität und die Ziele der
Gewichtsreduktion befinden. Eine intensive Untersuchung, bei der neben Größe und
Gewicht auch Blutdruck, Bauchumfang, Blutzuckerspiegel, Schilddrüsenwerte und
weitere Hormone gemessen werden, bildet die Basis der Abklärung, weiß der
Endokrinologe. Je nach Situation können weitere Untersuchungen notwendig
werden.
Darüber hinaus sollte auch auf politischer Ebene gehandelt werden, sind sich die
Experten einig.
„Die Kosten für die Behandlung von Adipositas und deren Folgeerkrankungen
könnten das Gesundheitssystem auf eine schwere Belastungsprobe stellen“,
ergänzt Professor Stalla „Ob Steuern auf Softdrinks oder Werbeverbot für
Süßigkeiten – die Politik hat Handlungsspielräume. Wir alle können Forderungen für
einen gesünderen Lebensstil unterstützen.“